OK, es ist ewig her, dass Jean-Remy von Matt Blogs als «die Klowände des Internets» bezeichnet hat. Kann passieren, jeder irrt mal. Jeder hat die Möglicheit sich zu entschuldigen. Niemand ist unfailbar, was?

Dennoch war ich nicht schlecht überrascht, als letzte Woche «Bewegungsmelder», die Website von Jung von Matt Neckar, mit einem Paukenschlag gerelauncht wurde. Was dort passiert: Man landet, statt, wie von vielen Agenturen gewohnt, auf einer selbstreferenziellen Seite, auf einer Art Klowand Pinnwand, an die alles gepappt wird, was irgendwie Bezug zur Agentur hat. Tweets, Facebook-Statusmeldungen, eigene Blogbeiträge, usw. Voll Web Zwo Null, irgendwie – wird man sich gedacht haben. Die Übersichtlichkeit dieser Website kann mit jeder Pinnwand einer 10-köpfigen WG mithalten.

bewegungsmelder

Abgesehen davon, dass ich mich Frage, ob nicht gerade in großen Agenturen die jahrelange Erfahrung, der Austausch unter den sicher bestens qualifizierten Angestellten, und nicht zuletzt die offenen Augen, mit denen man sich so durch die Welt bewegen kann, das exakte Gegenteil hätten bestimmen müssen. Wenn es einen Trend gibt, der sich gerade durchsetzt, weil er Sinn macht, dann der, dass man sich auf die wichtigsten Dinge fokussiert (Leseempfehlung: What’s next in Webdesign?). Know-How, Referenzen, Austausch. Alles sauber aufbereitet, schnell auffindbar und vor allem vollkommen unabhängig vom verwendeten Gerät (ich habe gehört, es soll inzwischen Leute geben, die sich unterwegs mit diesen neumodischen Smart-Phones ganz selbstverständlich im Internet bewegen…) nutzbar. Das nennen wir Webdesigner dann Accessibility, oder wenn wir ganz verrückt sind, barrierefreies Internet.

Alles das funktioniert auf dieser Website nicht. Ich finde dort auf die schnelle gar nichts, da muss ich erst gar nicht das iPhone bemühen. Ich habe als Freelancer meinen Kunden immer erklärt, dass es sich zwar um ihre Website handelt, aber dass sie nicht für sie ist, sondern für ihre Besucher. Deshalb frage ich mich, welche Zielgruppe beim Bewegungsmelder so angepeilt wird.

tribal-ddb

Ganz abgesehen von allen Kritikpunkten oben, wäre da noch die Frage, warum man sich so dreist beim Konzept der Agentur Tribal DDB aus Amsterdam bedient hat? OK, die Navigationsstrutur der Amsterdammer hat man von oben nach unten verlagert (die Usability-Studie, die mit der Überraschung auftrumpft, dass die Navigation am Ende der Seite am besten aufgehoben ist, wird wahrscheinlich noch nachgereicht). Aber sonst? Zeitstrahl, Content, selbst die farblich hervorgehobenen Navigationsbuttons: gab es alles schon in Holland.

quelltext-job-anzeige

Ich bin noch nicht so weit, dass ich rot sehe, freue mich aber für die kleinen Agenturen und Freelancer, die durch ihre Beweglichkeit immer bessere Chancen haben, die Etablierten auszustechen – Wenn sie nicht von der zugegebenermaßen cleveren Stellenausschreibung im Quelltext an Board geholt werden. Aber die Idee hatte Monster-UK ja auch schon vor nem Jahr. Bleibt also alles spannend.

Über den Autor

Kai Müller {stylespion.de}

Herausgeber StyleSpion.de. Steht auf schöne Sachen, twittert, liebt Musik und die Fotografie.

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